Erinnerung, Heiligkeit und Hoffnung
Anfang November lädt uns die Kirche ein, an zwei besondere Tage zu denken: Allerheiligen und Allerseelen. Diese Tage gehören eng zusammen und sprechen unterschiedliche Seiten unseres Glaubens an – sie erinnern uns daran, was bleibt, und an das, was uns vorausgegangen ist.
Das Fest Allerheiligen geht über die Erinnerung an prominente Heilige hinaus. Wie der Liturgiewissenschaftler Benedikt Kranemann betont, liegt sein Ursprung in der engen Beziehung zum Osterfest: Gefeiert wird das neue Leben, das Christus schenkt – und das in den Glaubenden sichtbar wird. Allerheiligen zeigt, dass Heiligkeit nicht nur wenigen Vorbildern vorbehalten ist, sondern jede und jeder dazu berufen ist.
Mit der Zeit wandelte sich die Bedeutung dieses Hochfestes: Es wurde zum Gedenktag für alle Heiligen – auch für jene, die ihr Leben bescheiden, aber treu geführt haben. Allerheiligen macht uns bewusst: Heiligkeit zeigt sich nicht nur in grossen Gestalten der Kirchengeschichte, sondern auch in Menschen, die mitten unter uns wirken. Vielleicht denken wir an jene aus unseren Pfarreien, deren Namen nie in Büchern stehen, die aber einen festen Platz in unseren Herzen haben: die Frau, die Woche für Woche den Kirchenraum mit Blumen verschönert; der ältere Herr, der in der Stille Fürbitte hält; und viele andere, die einfach verlässlich da sind.
Am Tag danach, an Allerseelen, denken wir an unsere Verstorbenen – Eltern, Geschwister, Freunde, Wegbegleiter. Viele besuchen das Grab, zünden eine Kerze an. Es ist ein stiller, oft schwerer Tag. Doch unser Glaube spricht Hoffnung aus: Dass wir über den Tod hinaus verbunden bleiben, dass Gott ein Gott des Lebens ist – auch im Sterben.
In diesem Sinn wünsche ich uns allen einen gesegneten November – mit ehrlicher Erinnerung, stillem Dank und der Hoffnung, dass niemand vergessen ist – weder bei uns noch bei Gott.
Jaime Armas
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